Die Thora [hebräisch = Gesetz] ist der grundlegende Teil der jüdischen Bibel und besteht aus fünf Büchern. Im Judentum geniesst die Tora die grösste Autorität [Verbindlichkeit, Ansehen]. Deshalb bildet das Vorlesen aus der Thorah bis heute einen zentralen Bestandteil im jüdischen Gottesdienst. Dabei werden wie vor 2000 Jahren Schriftrollen verwendet. Im Christentum wird deshalb dieser erste Teil des von den Juden übernommenen Alten Testamentes als Pentateuch [griechisch = fünf Behälter (für Schriftrollen)] bezeichnet.
Die jüdischen Bezeichnungen der fünf Thorarollen werden jeweils von den ersten Worten im Text abgeleitet. Die christlichen Kirchen bezeichnen die Bücher der hebräischen [jüdischen] Bibel dagegen nach (lateinisch/griechischen) Oberbegriffen für den Inhalt (katholisch) bzw. nach dem (angeblichen) Verfasser Moses (protestantisch).
Bezeichnug des Buches | Inhaltsangabe | ||
---|---|---|---|
jüdisch | prot. | kath. | |
Im Anfang | 1. Mose | Genesis [Entstehung] | Gen 1-2: Schöpfung |
Gen 3-9: Kain und Abel, Sintflut und Arche Noah | |||
Gen 10-11: Ausbreitung der Menschheit, Turmbau zu Babel | |||
Gen 12-28: Abraham und Isaak | |||
Gen 25-36: Jakob | |||
Gen 37-50: Josefsnovelle (Josef in Aegypten) | |||
Dies sind die Namen | 2. Mose | Exodus [Auszug] | Ex 1-6: Unterdrückung der Israeliten in Aegypten |
Ex 7-11: Neun Biblische Plagen | |||
Ex 12-15: Paschafest, Auszug aus Ägypten, Durchzug durch das rote Meer | |||
Ex 16-18: Wanderung durch die Wüste Sinai, Manna | |||
Ex 19-40: Bund am Sinai, 10 Gebote (erste Fassung) | |||
Und er rief | 3. Mose | Leviticus [Leviten = Priester und Tempel- diener] |
Lev 1-7: Opfergesetz |
Lev 8-10: Priestergesetz | |||
Lev 11-15: Reinheitsgesetz | |||
Lev 16: Versöhnungsfest | |||
Lev 17-26: Heiligkeitsgesetz | |||
Lev 27: Tarife / Abschätzungen für Opfer | |||
In der Wüste | 4. Mose | Numeri [Zahlen] | Num 1-8: Erste Volkszählung |
Num 9-14: Passafest und zweite Wüstenwanderung | |||
Num 15-19: Priester und Leviten | |||
Num 20-25: Von Kadesch nach Moab, Bileamgeschichte | |||
Num 26-27: Zweite Volkszählung; Erbregelung | |||
Num 28-30: Opfer und Festtage | |||
Num 31-36: Heiliger Krieg gegen Midian, Eroberung Palästinas | |||
Dies sind die Worte | 5. Mose | Deutero- nomium [zweites Gesetz] |
Dtn 1-4: Rückblick auf Ermahnungen von Moses |
Dtn 5-11: Die Zehn Gebote und ihre Auslegung | |||
Dtn 12-18: Religiöse Gesetze | |||
Dtn 19-26: Straf- und Zivilgesetz | |||
Dtn 27-30: Segen und Fluch, Erneuerung des Bundes | |||
Dtn 31-34: Nachfolgeregelung und Tod von Moses |
Schon dem einigermassen unbefangenen Leser muss auffallen, dass das fünfte Buch des Pentateuch, das Deuteronomium eine Wiederholung der vorangehenden Gesetzesbestimmungen darstellt. Genau das bedeutet ja auch der griechische Name "Zweites Gesetz". Bei näherem Hinsehen wird klar, dass es sich um die Bearbeitung der älteren Gesetze im Sinne einer Gesetzesreform handelt. Die Bibelwissenschaft hat nachgewiesen, dass der Grundbestand des Deuteronomiums auf die Reform unter König Josija (640 - 609 v. Chr.) zurück geht, später aber noch einmal überarbeitet wurde. Hintergrund war eine zeitweilige Schwäche des assyrischen Grossreiches (Machtzentrum im heutigen Irak) und damit die Möglichkeit für den Kleinstaat Juda, eine betont eigenständige Politik zu betreiben. In der damaligen Zeit drückte sich staatliche Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit immer auch in der Verehrung von Göttern aus. Deshalb ist ein zentrales Anliegen der deuteronomistischen Reform die Verehrung eines einzigen Gottes in einem einzigen Heiligtum (Tempel in Jerusalem, vgl. Dtn 12). Als Verfasser muss man wohl um diese Zeit bereits ein ganzes Team von religiösen Beamten annehmen.
Eine genauere sprachwissenschaftliche Untersuchung der Bücher Genesis, Exodus, Leviticus und Numeri zeigte schon im 19. Jahrhundert, dass jedes dieser Bücher in der seit mehr als 2000 Jahren feststehenden Form von Wortschatz, Grammatik [Sprachregeln], Stil und auch von der Aussage her derart uneinheitlich sind, dass sie unmöglich aus einem Guss entstanden sein können. Vielmehr lassen sich drei Hauptquellen unterscheiden, aus denen ein oder mehrere "Redaktoren" mit ein paar überleitenden Sätzen oder Satzteilen einen einigermassen zusammen hängenden Text herzustellen versucht haben. Teilweise sind die Übergänge so holprig geraten, dass auch Nicht-Fachleute, einmal auf die Sache aufmerksam gemacht, selbst in einer deutschen Übersetzung die Bruchstellen erkennen können.
So ergibt sich folgendes Bild von der Entstehung des Pentateuchs:
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Letztes Update: 25.3.2005 |
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